Neuer Strommarkt: mehr Lenkung, mehr Flexibilität, mehr Erneuerbare

Das Bild zeigt die Netzleitstelle von Swissgrid in Aarau.

Das NFP "Energie" gibt Handlungsempfehlungen, damit sich der Strommarkt gemäss den Zielen der Energiestrategie 2050 entwickeln kann.

Das Schweizer Stromsystem ist komplex und mit den anderen Energiesektoren sowie dem europäischen Markt eng verflochten. Das Nationale Forschungsprogramm "Energie" gibt Handlungsempfehlungen, damit sich der Strommarkt gemäss den Zielen der Energiestrategie 2050 entwickeln kann.

"Für einen funktionierenden Strommarkt sind Lenkungsmassnahmen der Förderung vorzuziehen. Lenkung ist gesamtwirtschaftlich erheblich wirksamer und kostengünstiger. Die neuen Anforderungen an das Stromsystem müssen deshalb in Marktanreize übersetzt und die verschiedenen Bereiche – in Abstimmung mit der Entwicklung in der EU – entsprechend organisiert und reguliert werden", hält Beat Hotz-Hart fest. "Abgaben auf CO2-Emissionen mit Rückerstattung an die Bevölkerung und an die Wirtschaft haben kaum negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Entwicklung, sind effizient und tragen zu Innovationen bei", begründet Hotz-Hart diese Empfehlung der Synthese zum Themenschwerpunkt "Marktbedingungen und Regulierung".

Damit der Markt effizient und sozialverträglich spielen kann, braucht es jedoch weitere aufeinander abgestimmte Massnahmen.

Erneuerbare Energien schrittweise dem Markt aussetzen

Heute kann der Markt alleine die gemäss der Energiestrategie 2050 nötigen Investitionen für den Ausbau der neuen erneuerbaren Energien ­ – Sonne, Holz, Biomasse, Wind, Geothermie und Umgebungswärme – noch nicht auslösen. Um diese in das Stromsystem zu integrieren und schrittweise in den freien Markt zu überführen, braucht es abhängig von der Marktreife der einzelnen Technologien eine zeitlich befristete Unterstützung; in den nächsten Jahren etwa über ein Auktionsmodell, in dem Zubaumengen technologieneutral versteigert werden, oder mit einer flexiblen Preissteuerung über Marktprämien.

Flexibilität bei Angebot und Nachfrage erhöhen

Mit steigendem Anteil der neuen erneuerbaren Energien entsteht ein massiv höherer Bedarf an flexibel einsetzbaren Kapazitäten. Dies gilt künftig nicht nur auf der Angebotsseite, sondern auch der Verbrauch sollte für das Glätten von Nachfragespitzen und die Anpassung an die Angebotsschwankungen genutzt werden. Wie verschiedene Untersuchungen im Rahmen des NFP "Energie" zeigen, sind zum Beispiel dynamische Tarife, Bonus-Malus-Systeme für Strom oder Energieberatung geeignete Massnahmen. Auch die Flexibilität in der Netznutzung sollte einen Preis erhalten, indem die heute üblichen verbrauchsabhängigen Netztarife durch eine dynamische Leistungstarifierung ersetzt werden. Zudem brauchen dezentrale Speicherlösungen geeignete Rahmenbedingungen für einen wirtschaftlichen Betrieb.

Neue Akteure integrieren

Mit dem Ausbau der erneuerbaren Energie treten neue Akteure in den Strommarkt ein: Energiegenossenschaften, Eigenverbrauchsgemeinschaften, regionale Verteilnetz- und Stromspeicherbetreiber sowie "Prosumer", die sowohl als Kleinproduzenten wie auch als Verbraucher agieren. Die Regulierung muss optimale Bedingungen für die Entwicklung und effiziente Integration dieser neuen Akteure in das Stromsystem schaffen.

Versorgungssicherheit wirtschaftlich erhöhen

Mittelfristig können vertraglich gesicherte strategische Reserven und zertifikatsbasierte Leistungsverpflichtungen sowie ein diversifizierter Kraftwerkspark die Versorgungssicherheit zusätzlich erhöhen. Für Reserveleistungen sowie spezielle Netz- und Speicherinfrastrukturen dürfte längerfristig eine zusätzliche finanzielle Unterstützung notwendig sein. Ohne Stromabkommen mit der EU dürften jedoch auch die Kosten für Versorgungssicherheit steigen. Allerdings ist auch mit einem EU-Stromabkommen längerfristig die Erzeugungskapazität in der Schweiz zu vergrössern.

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